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Titel:
Der Schülerabend als Politbühne
Thema: Kultur
Ort: Trogen (Karte anzeigen)
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Datum: --.--.1930
Masse: 16,4 x 10,4 cm
Standort: Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden, KB-004641a
Urheber/-in: Kantonsschule Trogen
Beschreibung:
Einladung zum Schülerabend der Kantonsschule Trogen von 1930 im Hotel Krone. Das Sujet des jungen Appenzellers, der mit dem Besen bewaffnet die «entartete Kunst» wegfegt und Heimischem Platz macht, erinnert an SVP-Plakate des 21. Jahrhunderts. Von Amerika kommt das Böse, zuletzt die Weltwirtschaftskrise. In Deutschland haben zur gleichen Zeit die Nationalsozialisten ihren Siegeszug angetreten.
Geschichte:
Das Orchester spielte «Appenzeller Tänze u. Jodler» und der Schülerchor gab das Singspiel «En Sonti Nomittag vor 100 Johre» zum besten. Daneben wurde am Schülerabend der Kantonsschule Trogen 1930 auch ein Theaterstück mit dem Titel «De Neubau» aufgeführt. Das Stück handelt von der bevorstehenden Abstimmung über die dringend notwendige bauliche Erweiterung der Kantonsschule. Ein politisch geschickter Schachzug des ehemaligen Kantischülers und Autors Hans Konrad Sonderegger, der an die Verantwortung der Erwachsenen gegenüber der Jugend und der Gebildeten gegenüber den Ungebildeten appellierte.
Hans Konrad Sonderegger (1891–1944), kurz HKS, zählt zu den bekanntesten und umstrittensten Appenzeller Persönlichkeiten seiner Zeit. Der Pfarrer, Jurist und Publizist war Gemeinderat in Teufen und später in Heiden, er war Oberrichter und 1933–44 Kantonsrat, schliesslich 1934–35 Ständerat für Appenzell Ausserrhoden und 1939–43 Nationalrat für Basel-Landschaft.
Die Weltwirtschaftskrise 1929 bestätigte die seit 1920 gehegten Sympathien Sondereggers für die Freigeldlehre von Silvio Gesell. 1931 trat er dem Freiwirtschaftsbund bei. Durch seine publizistische Tätigkeit inner- und ausserhalb des Kantons verschaffte er sich Gehör, stiess jedoch nicht nur auf Zustimmung. 1936 gründete er ein eigenes Publikationsorgan: «Der Demokrat». Es diente ihm als Sprachrohr, als eine Art «Volkshochschule», zur Verbreitung seiner Anliegen: «Ich würde in dieser, von Papier überschwemmten Zeit […] kein neues Blatt herausgeben, wenn ich nicht das Bewusstsein hätte, eine bestimmte Aufgabe erfüllen zu müssen.» Die umfangreiche und vielfältige schriftliche Hinterlassenschaft Sondereggers zeichnet das Bild eines im Protestantismus verwurzelten Querdenkers, der seiner Zeit oftmals weit voraus war. Prägend für seine Gesinnung war mitunter auch das enge freundschaftliche Verhältnis seines Vaters Wilhelm Sonderegger (1862–1904) zu Henry Dunant (1828–1910).
Als ehemaliger Trogner Kantischüler und Verfechter des Bildungsliberalismus lagen Sonderegger gute räumliche Bedingungen als Voraussetzung für ein gutes Lehr- und Lernklima an der Schule besonders am Herzen. Die engen räumlichen Verhältnisse waren seit Jahrzehnten ein ungelöstes Problem. Die positiven Erinnerungen an seine eigenen Schuljahre und seine durch die Präsidentschaft des Kantonsschulvereins bezeugte Verbundenheit mit der Kantonsschule veranlassten Sonderegger, das Stück «De Neubau» zu verfassen.
Eingeleitet wird das Stück durch eine Rückblende in ein «Zimmer im Zellweger’schen Hause in Trogen» im Oktober 1820: Johann Caspar Zellweger, Landammann Jakob Zellweger, Oberstleutnant Honnerlag und andere unterhalten sich über die Gründung eines Instituts. Bereits in der 3. Szene stimmen sie der Initiierung und Finanzierung «einer höhern Schule in Geist und Zielen Pestalozzis» zu, da «Reichtum […], Bildung, Rang verpflichtet».
Der Hauptteil des Stücks spielt in der Gegenwart und endet – wie auch die Realität – mit der Annahme der Vorlage für den Schulhausneubau durch die Landsgemeinde 1930. Der Autor lässt es sich nicht nehmen, an einigen Stellen des Stücks seine politische Handschrift zu hinterlassen. So stellt beispielsweise der Sohn eines einfachen, zinspflichtigen Zimmermanns, der lieber die Kantonsschule besuchen würde, die traditionellen Bodenbesitzrechte in Frage. Den Frauen lässt HKS wiederholt eine Schlüsselrolle zukommen – auch wenn die Appenzeller damals «d’Wiiber no nüd ad Landsgmeind schicked»
Autorin: Leandra Naef, Speicher
Literatur:
Quellen:
KBAR, App b q 6 Hans Konrad Sonderegger: De Neubau. Schauspiel in einem Vorspiel und 3 Akten für den Schülerabend 1930. [Typoskript]. [S.l.] 1929.
Literatur:
Fuchs, Thomas: Sonderegger, Hans Konrad. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS). Version 19.04.2011. URL: www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D6576.php (28.06.2012).
Falkner, Gerhard: Theater an der Kantonsschule. In: Kantonsschulverein Trogen Mitteilungen, Nr. 67 (1987/88), S. 57–103.
Schläpfer, Walter: Pressegeschichte des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Das Zeitungswesen im Kanton Appenzell Ausserrhoden in seiner geschichtlichen Entwicklung. Herisau 1978.
Sonderegger, Hans Konrad: Jahresbericht 1929/30. In: Kantonsschulverein Trogen Mitteilungen, Nr. 9 (1929/30), S. 3–11.
Sonderegger, Hans Konrad (Hrsg.): HKS. Hans Konrad Sonderegger. Der Kämpfer für Freiheit, Recht und Menschenwürde. Hombrechtikon 1991.
Tags:
Einladung, Theater, Kantonsschule, Schülerabend, Geistige Landesverteidigung
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