Zeitzeugnisse

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Titel:

Das Hundwiler Doppelspiel

Thema: Politik

Ort: Hundwil    (Karte anzeigen)

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Datum: --.--.1609

Masse: 43 x 33 cm

Standort: Landsgemeindestube, Rathaus Hundwil; Digitalisat: StAAR

Urheber/-in: Hauptleute, Klein- und Grossräte Hundwil

Beschreibung:

Zum Neubau des Hundwiler Rathauses 1609 liessen «Hauptlüth Klein und grosse Räth Beeder Rooden Hundwyl» eine Ratsscheibe beider Rhoden mit den Wappen und den Namen der Ratsherren erstellen. Sie enthält die Wappen aller damals amtierenden Ratsherren. Während mit einer Ausnahme alle Wappen erhalten blieben, ging das ursprüngliche Zentralfeld verloren, und an seine Stelle wurde das Kantonswappen eingesetzt. In der obersten Reihe finden sich die Namen und Embleme der Hauptleute beider Rhoden: Einerseits das Lilienwappen von Hauptmann «H: Uli Schmid», der um 1600 wiederholt in öffentlichen Funktionen aufscheint. Anderseits das Wappen mit Kaufmannszeichen von Hauptmann Anthony Täler, der damals als oberster Richter dem Gassengericht vorstand. Prominent vertreten sind figürliche Darstellungen wie Mond, Stern, Schwert, Fisch oder Armbrust. Mehrmals tauchen Monogramme auf, darunter HB für Hans Bont oder VT für Uli Täller. Auch zur Kennzeichnung von Vieh und Gerätschaften übliche Bauernmarken fanden Verwendung, wie beispielsweise die letzten zwei Wappen zeigen. Mehrfach vertreten sind die Familiennamen Knöpfel, Schmid, Küng, Müller und Hug, die als Bürgergeschlechter bis heute in den Gemeinden Hundwil und Stein vertreten sind. Noch 1818, als die Wappen für Johann Caspar Zellwegers Fahnen- und Wappenbuch kopiert wurden, befand sich die Scheibe im Rathaus. Danach gelangte sie in englischen Privatbesitz. 1952 wurde sie vom Kanton aus einer Auktion angekauft und an den alten Standort zurückgegeben.
 

Geschichte:

Die seit 1401 ein eigenes Siegel führende Gemeinde Hundwil hatte über lange Zeit eine Sonderstellung inne. Sie war seit 1597 Landsgemeindeort, regelmässig Versammlungsort kantonaler Behörden und konnte als einzige Doppelrhode 48 Ratsherren stellen. Eine farbenfrohe Wappenscheibe erinnert daran.

Obwohl Hundwil bevölkerungs- wie flächenmässig weit hinter den Grossrhoden Herisau und Trogen rangierte, hatte die alte Kirchhöre Anspruch auf die doppelte Zahl von Ratssitzen. Laut Landbuch standen sowohl der oberen Rhode als auch der unteren Rhode je 12 kleine und 12 grosse Räte zu. Diese Ratsherren bildeten die Vorsteherschaft der beiden Hundwiler Rhoden und nahmen als Gemeindevertreter zugleich Einsitz in den kantonalen Ratsgremien. Hintergrund für diese Ausnahmestellung bildete die wohl auf die Zeit der Freiheitskriege zurückgehende Tradition zweier gleichwertiger Rhoden auf dem Gebiet der Kirchhöre Hundwil. Erst mit der 1748/49 erfolgten Gemeindeaufteilung in Hundwil (obere Rhode) und Stein (untere Rhode) fand diese Besonderheit ihr Ende.

Die Schweizer Glasmalerei erlebte im 16. und 17. Jahrhundert eine Blütezeit. Familien-, Zunft-, Rats- und Standesscheiben schmückten viele private und öffentliche Gebäude. 1563 ersuchte das Land Appenzell die eidgenössische Tagsatzung um Fenster und Wappen in das neue Rathaus zu Appenzell. 1601 stifteten die eidgenössischen Orte Standesscheiben für das ausserrhodische Rathaus in Trogen, und wenig später kamen Herisau und Urnäsch in den Genuss von Wappenschenkungen für ihre gemeindeeigenen Rathäuser. Für das 1607/08 erbaute Rathaus von Hundwil spendeten 1609 mehrere Ausserrhoder Gemeinden Wappenscheiben zur Verschönerung der Ratsstube.

Autor: Peter Witschi, Herisau

Literatur:

Boesch, Paul: Die Fenster- und Wappenschenkungen ins Appenzellerland. In: AJb 80/1952 (1953), S. 44-50.

Gmür, Max: Schweizerische Bauernmarken und Holzurkunden. Bern 1917.

KBAR, Ms. 300 Zellwegersches Wappen- und Fahnenbuch.

Koller, Ernst H.. Signer, Jakob: Appenzellisches Wappen- und Geschlechterbuch. Bern, Aarau 1926.

Schläpfer, Walter: Appenzeller Geschichte. Bd. 2: Appenzell Ausserrhoden von 1597 bis zur Gegenwart. Herisau, Appenzell 1972, S. 10-12.

Steinmann, Eugen: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Bd. 1: Der Bezirk Hinterland. Basel 1973 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 61), S. 380-384.
 

Tags:

Hundwil, Stein, Wappenscheibe, Räte, Glasmalerei

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