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Titel:
Die "Stäbrochmusig"
Thema: Kultur
Ort: Herisau (Karte anzeigen)
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Datum: --.--.1957
Masse: 14.5 x10.3 cm
Standort: Privatbesitz Roberta Schoch, Herisau
Urheber/-in:
Beschreibung:
Postkarte mit Schwarz-Weiss-Fotografie der „Stäbrochmusig“. Unebener, weisser Rand, teilweise abgeknickt und leicht vergilbt. Die Musikanten posieren auf der Treppe vor dem ehemaligen Café Sonderegger, gegenüber der Kaserne. Am linken Fenster des Cafés ist eine Kette mit leuchtenden Glühbirnen angebracht. Die Musikanten sind alle fasnächtlich, aber unterschiedlich gekleidet. Die meisten tragen ein Instrument mit sich. Der Vorderste hält eine brennende Laterne mit der Aufschrift „Stäbrochmusig“; die Signatur ist auch auf der Pauke zu sehen. Links auf der Mauer sind zwei „Kässeli“ und eine Jacke abgelegt. Die Gesichter der Musikanten ziert ein breites Lachen.
Die Personen: Vorne von links Ueli Kuratli (Pauke), Angioletta Francioni (Kasse und Tanz), Mario Ceccarelli (Laterne), Margrith Kuratli (Kasse), Jakob Wirth (Backpfeife und Stock). Mitte von links Tuli (Dovere) Carbogno (Glockenspiel), Teo Francioni (Schwyzerörgeli), wahrscheinlich Migg (Emil) Frischknecht (Schwyzerörgeli), Werner Tobler (Tuba). Hinten von links Chuedli (Konrad) Eugster (Blasinstrument mit Tafel), Paul Zimmermann (Trommel), Hans Schmid (selbstgebasteltes Blasinstrument), Hermann Hämmerli (Horn), Ernst Herrmann (Mundharmonika), Ernst Tobler (Trompete).
Geschichte:
Sie stehen gegenüber der Kaserne vor dem ehemaligen „Sonderegger“, einem Café mit hauseigener Konditorei. Sie tragen, was ihnen gerade in die Finger geraten ist: Ein ausgeleiertes Pyjama, das sie im Estrich ausgegraben haben, ein altes Bauerngewand, das die Gattin am Morgen noch geflickt hat, vielleicht einen Hut, eine Gumminase oder einen Schnauz, die das Warenhaus Oscar Weber jetzt zur Fasnachtszeit ausstellt. Nur die „Kässeliwiiber“ haben etwas tiefer in den Geldbeutel gegriffen, in der Textilfabrik Cilander einen glänzenden Stoff erworben und daraus ein prächtiges Kostüm gezaubert. In der Coiffeurstube ihres Stammlokals, dem Restaurant Schachen oder einfach „Baracca“, haben sie sich gegenseitig eingekleidet und geschminkt. Jedes Mal, wenn jemand von ihnen fertig zurecht gemacht in die Wirtsstube getreten ist, sind die Gäste in schallendes Gelächter ausgebrochen. Denn bei der „Stäbrochmusig“ ist jedes Kostüm eine Überraschung, jedes Mitglied ein Unikat.
Am Funkensonntag 1952 marschierte die Gruppe erstmals in einem Umzug vom Schachen über den Ramsen zur Tüfenau, angeführt durch Chuedli (Konrad) Eugster zu Pferd. Die meisten der Teilnehmenden waren Schützen, nur wenige Musikanten. Maskiert war damals kaum jemand, und eigentlich hätte es ein einmaliges Ereignis bleiben sollen; doch die Bewohnerinnen und Bewohner riefen nach einer Wiederholung.
In den folgenden Jahren kamen immer mehr Musikanten hinzu. 1955 waren es schliesslich genug, um aus dem einstigen Umzug eine Fasnachtsmusik zu gründen; bislang hatte es einzig die „Ziegelhöttler“ gegeben. Ein Name war schnell gefunden, war doch das Stammlokal der Musikanten, das Restaurant Schachen, einst Baracke im Steinbruch.
Die Zahl der Mitglieder variierte zwar Jahr für Jahr, dennoch blieb ein Kern bestehen. Anzutreffen waren die „Stäbröchler“ jeweils am Schmutzigen Donnerstag, am Fasnachtssamstag, -sonntag, -montag und -dienstag, am Funkensonntag und am Blochmontag; diese Festtage hatten sich nach anfänglichen Protesten gegen die Fasnacht durchgesetzt. Die Musikanten starteten in ihrem Stammlokal, fuhren anschliessend mit dem Zug ins Dorf und zogen dort von Wirtshaus zu Wirtshaus. Wo auch immer sie Halt machten, stimmten sie als erstes das letzte Stück des Marschs „Unter dem Doppeladler“ an – bald nur noch als „Stäbrochmarsch“ bekannt.
Mitte der 1960er-Jahre, nach dem Tod eines der Gründungsmitglieder, löste sich die „Stäbrochmusig“ auf. Der „Stäbrochmarsch“ aber liegt vielen Herisauerinnen und Herisauern noch immer in den Ohren – und hie und da ertönt er in der einen oder anderen Wirtsstube im Chor.
Autorin: Susanna Schoch, Herisau
Literatur:
Geschichte der Gemeinde Herisau. Herisau 1999, S. 311.
Tags:
Herisau, Musik, Kultur, Schachen, Steinbruch, Stäbrochmusig, Fasnacht
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