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Titel:
Richtschwert
Thema: Politik
Ort: Trogen (Karte anzeigen)
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Datum: --.--.1733
Masse: 110,5 cm
Standort: Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden, KB-012737/000, KB-012738/000, KB-012739/000
Urheber/-in:
Beschreibung:
Schwert mit Scheide. Beide Klingenseiten beschriftet: "Wann dem armmen Sünder werdt abgesprochen das Leben*So wirdt Er unter meine handt gegeben.*Anno 1733*" und "Wan ich das Schwerdt thut auff heben dan gehbet*gott dem armme Sünder das Ewige Leben*Anno 1733*
Geschichte:
Im Mittelalter wurden Strafen allgemein zur Vergeltung von Unrecht ausgesprochen, Todesstrafen dienten vor allem der Sühne und der Abschreckung. Langfristige Freiheitsstrafen gab es eher nicht, weil Zuchthäuser fehlten. Je nach Verbrechen, das mit der Todesstrafe gesühnt wurde, gab es andere Arten, den Tod herbeizuführen: Für Diebe wurde das entehrende Hängen gewählt, Mörder wurden gerädert, Brandstifter, Ketzer und Zauberer verbrannt. Weibliche Verurteilte wurde oftmals lebendig begraben oder ertränkt. Das Richten durch ein Schwert galt als privilegierte Todesstrafe.
Während der Aufklärung entstanden zunehmend Diskussionen über den Nutzen von harten Strafen; die Idee der präventiven Wirkung von Strafen wurde immer wichtiger. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts kamen zwischenzeitlich auch wieder strengere Strafmassnahmen zum Zuge, bis die Bundesverfassung von 1848 die Todesstrafe für politische Vergehen abschaffte. War früher ein (erzwungenes) Geständnis für ein rechtskräftiges Urteil notwendig, so wich man später immer mehr davon ab und wertete dafür Indizienbeweise im Untersuchungsverfahren auf. Unterstützt wurde die ganze Entwicklung durch viele technische und methodische Verbesserungen in der Kriminalistik.
Nachdem die Bundesverfassung die Todesstrafe 1874 abgeschafft hatte, fand diese auch im ausserrhodischen Strafgesetz von 1878 keine Aufnahme mehr. Unmittelbar nach der Abschaffung wurde aber bereits schweizweit die Wiedereinführung verlangt, welche dann auch durchkam; Appenzell Ausserrhoden stimmte mit 6188 zu 4335 Stimmen zu. Damit war den einzelnen Kantonen das Recht zur Wiedereinführung der Todesstrafe gegeben. Schliesslich entschied sich aber eine sehr knappe Mehrheit an der Ausserrhoder Landsgemeinde von 1882 gegen die Wiedereinführung, wobei dieses Ergebnis erst in der 10. Abstimmungsrunde erzielt werden konnte.
Am 1. Juli 1862 wurde der letzte Mensch im Kanton Appenzell Ausserrhoden auf dem Richtplatz im Gfeld, Trogen, hingerichtet. Johann Ulrich Schläpfer (1821-1862) wurde wegen Mordes mit einem Schwert im Gfeld, Trogen, geköpft. Bekannt geworden ist Schläpfers Geschichte unter anderem durch Walter Züst, der die Geschehnisse in seinem Roman „Der Weg zum Richtplatz“ literarisch verarbeitete.
Autorin: Katharina Merian, Speicher
Chronologie:
1532 Inkraftsetzung der Constitutio Criminalis Carolina unter Karl V. (1500-1558), welche der Rechtsvereinheitlichung im Reich dienen und der richterlichen Willkür entgegenwirken soll; Folter wird aber trotzdem als Mittel der Geständniserzwingung legitimiert (nur geringe Anwendung der Carolina im Appenzellerland)
1848 Bundesverfassung: Abschaffung der Todesstrafe für politische Vergehen
1942 Eidgen. Strafgesetzbuch (StGB): Vereinheitlichung des Strafgesetzes in der ganzen Schweiz, definitve Abschaffung der Todesstrafe
1992 Abschaffung der Todesstrafe im schweizerischen Militärstrafrecht
2002 Schweiz ratifiziert das Zusatzprotokoll Nr. 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention "Zur Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen"; Engagement in dieser Sache auch im Rahmen der UNO
Literatur:
Dubler, Anne-Marie: Richtstätte. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 2.12.2009. http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D45072.php (25.8.2010).
Gauch, Caroline: Strafen. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 3.12.2009. http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D48699.php (25.8.2010).
Gschwend, Lukas und Mark Winiger: Die Abschaffung der Folter in der Schweiz. Zürich 2008 (Europäische Rechts- und Regionalgeschichte 6).
Gschwend, Lukas: Todesstrafe. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 3.12.2009. http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D9617.php (25.8.2010).
Schläpfer, J.: Der Raubmörder Joh. Ulrich Schläpfer von Grub. Seine Lebensgeschichte, sein ausführliches Bekenntniß, Todesurtheil und die bei seiner Hinrichtung gehaltene Standrede. Trogen 1862.
Schläpfer, Walter: Appenzeller Geschichte, Bd. II. Appenzell Ausserrhoden von 1597 bis zur Gegenwart. Herisau 1976, S. 29f. und 79-86.
Stapferhaus Lenzburg (Hrsg.): Strafen. Ein Buch zur Strafkultur der Gegenwart. Baden 2004.
Tags:
Politik, Recht, Trogen, Justiz, Todesstrafe, Richtstätte, Schwert
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