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Titel:

Appenzellisches Kantonalturnfest

Thema: Leute

Ort: Herisau    (Karte anzeigen)

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Datum: 31.07.1927

Masse: 12,5 cm Durchmesser

Standort: Filmarchiv Kino Leuzinger, Rapperswil

Urheber/-in: Willy Leuzinger, Rapperswil

Beschreibung:

Stummer Dokumentarfilm vom appenzellischen Kantonalturnfest am 30. Juli/1. Aug. 1927 in Herisau. In der ersten Szene Vorbeimarsch des Festumzuges in der Buchenstrasse. Zweite Szene: Festplatz auf dem Ebnet vor dem 1917 erbauten kantonalen Zeughaus. Dritte Szene: Gabentempel und Fahnenwald vor der ehemaligen Turnhalle Ebnet, die sich damals noch direkt gegenüber dem Bürgerheim befand. 1952 wurde die Turnhalle zweihundert Meter verschoben und in das neu entstehende Sekundarschulhaus Herisau integriet, wo sie heute noch dem Sportunterricht dient. Der Film wurde vom Rapperswiler Kinobesitzer und Filmemacher Willy Leuzinger in Eigenregie aufgenommen. Leuzinger betrieb nicht nur feste Kinosäle, sondern verfügte 1919-1942 auch über ein mobiles Wanderkino. Mit diesem besuchte er die grösseren Jahrmärkte der Deutschschweiz und machte regelmässig in Herisau und Appenzell Halt. Neben Spielfilmen zeigte er im Vorprgramm Dokumentationen aus den Ortschaften, in denen das Kinogeschäft Station machte.

Geschichte:

Nach dem Vorbild des deutschen Turnervaters Jahn entstanden im Appenzellerland ab Mitte des 19. Jahrhunderts Turnvereine. Körperliche Ertüchtigung sollte mit geistiger Freiheit und dem Einstehen für den modernen Nationalstaat einhergehen. Die ältesten Turnvereine entstanden in Trogen (1845) und Herisau (1845). Ihnen folgten Bühler (1851), Teufen (1852), Heiden (1859) und Rehetobel (1859). Diese gründeten 1860 gemeinsam den Appenzellischen Kantonalturnverband. Als elfte Sektion trat der 1876 gegründete Turnverein Appenzell bei, womit auch Innerrhoden vertreten war. Turnen bildete damals vor allem eine Beschäftigung des gehobenen Bürgertums. 1876 fanden sich im Kantonalverband überdurchschnittlich viele Kaufleute, Fabrikanten, Angestellte, Handwerksmeister und Wirte. Heim- und Fabrikarbeiter waren hingegen kaum vertreten. Es ist kein Zufall, dass Gründungssektionen in den beiden Ausserrhoder Hauptorten, sowie weiteren wohlhabenden und industrialisierten Ortschaften entstanden.

Im Laufe der Zeit wandelte sich das Turnwesen. Stand zunächst das Einzelturnen im Vordergrund, so beschloss der Verband 1872, das Sektionsturnen einzuführen und der Kantonalvorstand erhielt den Auftrag, entsprechende Übungen auszuarbeiten. 1887 trat der Kantonalturnverband dem Eidg. Turnverein (ETV) bei, während bis dahin die Einzelvereine direkt Mitglieder des ETV gewesen waren. Mit dieser Reorganisation ging eine Vereinheitlichung und eine gewisse Reglementierung des Turnens einher. 1894 erklärte die Delegiertenversammlung den Sektionswettkampf für alle an den Kantonalturnfesten teilnehmenden Vereine obligatorisch. Dieser bestand unter anderem aus Marschübungen und "Laufschritt in guter Haltung". Die Verwandschaft mit dem militärischen Exerzieren ist unübersehbar! Nach Ende des 1. Weltkrieges wurde es üblich, alle drei bis vier Jahre ein Kantonalturnfest durchzuführen. Nach Speicher (1920) und Heiden (1924) war Herisau 1927 der dritte Austragungsort.

Auf Antrag des Hundwiler Weberpfarrer Howard Eugster-Züst erhielt der Turnverband ab 1905 vom Kanton Appenzell Ausserrhoden Subventionen. Die Gemeindeversammlungen von Herisau, Speicher und Waldstatt stimmten ein Jahr später als erste der Erstellung von Turnhallen zu. 1909 gründete der Turnverband einen Kantonalen Schwingerverband, dem ausschliesslich aktive Turner beitreten konnten. Darin wird die hohe Bedeutung sichtbar, die damals noch dem Nationalturnen, auch Schwerathletik genannt, zukam. Dieses bestand unter anderem aus Diszilinen wie Steinheben, Steinstossen, Hoch-Weitsprung, Ringen und Schwingen. Die heutige Leichtathletik entwickelte sich hingegen erst ab dem 1. Weltkrieg zur anerkannten Sportsparte.

Das Turnen war während Jahrzehnten streng nach Geschlechtern getrennt. Erste Damenturnvereine entstanden in Teufen (1910), Herisau (1911) und Waldstatt (1914). Die Frauensektionen schlossen sich 1924 zu einer separaten kantonalen Damenturnvereinigung zusammen. Die Separierung von Männern und Frauen wird auch im Filmbericht vom Herisauer Kantonalturntag 1927 sehr schön sichtbar. Voraus marschieren ausschliesslich Frauen mit ihren männlichen Oberturnern, dann folgen die Offiziellen und am Schluss des Zuges die Männersektionen.

Autor: Stephan Heuscher, Appenzell

Literatur:

Hundert Jahre Appenzellischer Kantonal-Turnverband 1860-1960. Heiden 1960

Hutter, Otto: 100 Jahre Turnverein Appenzell. Appenzell 1976

Anzeiger vom Alpstein Nr. 30/31, 30. Juli und 6. Aug. 1927

Appenzell Volksfreund Nr. 92, 4. Aug. 1927

Appenzeller Zeitung Nr. 177, 2. Aug. 1927

Tags:

Herisau, Sport, Film, Turnverband, Turnverein, Kantonalturnfest, Video

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